Gedanken zu jener Frage mit den oft unbefriedigenden Antworten.

Nicht wenige Fotografen, die mehr oder weniger regelmäßig mit fremden Frauen vor der Kamera arbeiten, kennen diese Situation: Wenn die eigene Partnerin - mit vorwurfsvoller Schwingung in der Tonlage - darauf hinweist, dass man SIE schon lange nicht mehr fotografiert hat. Und wohl viele dieser Fotografen wissen, wie man dann argumentativ ins Rudern kommt. Weil: eine rational erklärbare Begründung dafür gibt es meist nicht. Ein schwer greifbares und unerklärliches Phänomen, welches zugegebenermaßen auch um mich bislang keinen Bogen machte.

Bis vor zwei Wochen.

Vor zwei Wochen wurde ich als Besucher einer Familienfeier in ein Gespräch verwickelt und in dessen Folge gefragt, was mir am Fotografieren von Menschen eigentlich wichtig ist. Daraus entwickelte zügig sich ein philosophischer Gedankenaustausch. Mit der Kernaussage meinerseits, dass mir im Grunde die Begegnungen mit den - mir meist fremden - Menschen wichtiger sind, als die daraus entstandenen Bilder. Habe ich die letzten Jahrzehnte vermutlich schon unzählige Mal so (oder ähnlich) kundgetan. Nix Neues also erst einmal.

Neu war jedoch ein Gedanke, der mir hierzu im Auto auf der Heimfahrt von besagter Feier kam: Steckte darin eventuell die Antwort auf oben erwähntes Phänomen? Kann es sein, dass mir (und vielen anderen Fotografen) einfach die fehlende Fremdheit zur eigenen Partnerin ein Schnippchen schlägt? Das wollte ich genauer wissen und habe noch einmal tiefer darüber nachgedacht.

c__by_gabull69_dfolnfw-fullview.jpg © Ulli Gabsch, "o. T.", 2016

Wenn ich Menschen fotografiere, muss ich mich als Fotograf auf mein Gegenüber bestmöglich einstellen, damit sich diese(r) während des gesamten Bildermachens maximal wohlfühlt. Das bedeutet für mich, dass ich mich subtil und ungezwungen an meine Modelle adaptiere. Sei es in Bezug auf Musikgeschmack, Interessenlage, Slang, ... Fast immer erreiche ich dadurch eine gemeinsame Augenhöhe, die in dem Zeitfenster des Bildermachens der Idealzustand ist. Soweit, so perfekt. Fast. Denn genau das funktioniert halt blöderweise nicht mit der eigenen Partnerin! :D Die kennt mich nun mal in- und auswendig und würde sich über derartige Adaptionsbemühungen herzlich schlapp lachen. Die kennt meinen Musikgeschmack, meine Interessenlage und meinen Slang. Ich kann ihr da nix vormachen, nur der reinen Harmonie wegen. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet das im Umkehrschluss, dass sich ein Bildermachen mit meiner Partnerin für mich viel angespannter anfühlt, da ich um mein wichtigstes Werkzeug zur Schaffung einer Harmonie beim Bildermachen beraubt werde. :) Klar, reine Kopfsache - aber trotzdem blöd. Nun, zumindest bin ich nun seit zwei Wochen um eine interessante Erkenntnis reicher. ;)